Das neue Rennen in der UTMB-Familie feierte von 18 - 21. Mai im Elsaß seine Premiere und zählt hinsichtlich seiner Bedeutung für mich zu einem der wichtigsten Trailrunning-Events in der heutigen Zeit.
    Bild: Katharina Plewnia

    Ich für meinen Teil maße dem Trail Alsace Grand Est by UTMB eine sehr gewichtige Bedeutung zu und auch aus diesem Grunde wollte ich unbedingt bei der Premiere dieses Rennens teilnehmen. Schließlich geht es bei allen Sportevents immer auch um Begegnungen und Respekt. Aufgrund seiner Historie sticht allerdings der Trail Alsace Grand Est by UTMB noch ein gewaltiges Stück gegenüber seiner Event-Konkurrenz deutlich hervor. Ich bringe also viel Respekt mit als ich am Donnerstagnachmittag meine Startunterlagen zu dem 50 Kilometer-langen Trail des Celtes im Dreh- und Angelpunkt des Events in Obernai abhole. 

     

     

    Weniger vor der Länge der Strecke und den 1990 Höhenmetern, vielmehr überwiegt der Respekt vor den Menschen, die hier am Start stehen und damit auch ein gewaltiges Zeichen für Völkerverständigung setzen. In der heutigen Zeit leider bei weitem nicht mehr selbstverständlich. Ich habe Ehrfurcht als wir morgens absolut reibungslos zum Startort nach Barr geshuttelt werden, schließlich führen die Trails nicht nur entlang vieler Chateaus, die ihresgleichen schon ein Statement für die bewegende Geschichte der Vogesen setzen. Vor allem geht mir durch den Kopf, wie viel Blut hier in den Weltkriegen und einer heute kaum vorstellbaren deutsch-französischen Feindschaft aufgrund von wahnsinnigen Machtmenschen und ihren Vasallen vergossen wurde. 

     

     

    Mit Mara Lückert in Barr / Bild: Katharina Plewnia

    Um so mehr weiß ich das Miteinander bei diesem Rennen ganz besonders zu schätzen. Viele aufmunternde und motivierenden Worte, viele Gesten am Rande der Trails, mal ein Lächeln, mal ein aufmunterndes Zwinkern, jede kleine Geste während wir uns auf den wunderbaren Trails vorwärts bewegen, ist ein Zeichen von einem Miteinander statt Gegeneinander, für Respekt und Solidarität. Und das während in Europa und auf der ganzen Welt Kriege Lebensräume und Menschenleben zerstören. Es ist ein Privileg Teil dieser Premiere im Elsaß zu sein. Es ist ein Privileg einer der insgesamt mehr als 3.000 Läufer:innen zu sein, die sich hier in Obernai zusammen finden, um zu laufen, die eigenen Grenzen zu überwinden und ein Zeichen für Völkerverständigung setzen. 

     

     

    Bild: UTMB Alsace

    Das Wetter war auf der Seite des internationalen Laufpublikums. Die Sonne zeigte sich zum Start der 50 Kilometer in Barr am Himmel und wärmte die Gemüter. Heiß ging es zur Begrüßung der Teilnehmerschar auch durch den Feuerspucker her, der sich nach seinem spektakulären Auftritt auf dem Marktplatz erst einmal seine Abkühlung am Brunnen holte.

    Bild: UTMB Alsace

    Auch auf den anderen Strecken, dem Ultra-Trail des Chevaliers (174Km, 6.200Hm) und dem Ultra-Trail des Paiens (100Km, 3.820Hm) zeigte sich der Wettergott äußerst erbarmungsvoll. Alle Rennen kamen ohne Regen aus und mit nahezu optimalen Lauftemperaturen. Den Spuren der Chateaus folgend, wurden wir mit wunderschönen Trails belohnt. Mal ruppige Single-Trails, mal flowige Trails, mal ein breiter Weg und mal steile Anstiege und Downhills durch das Grün der Vogesen. Gerade der Trail des Celtes eignet sich ganz hervorragend für Einsteiger:innen auf der Ultra-Strecke. Der anspruchsvolle Charakter hält sich in Grenzen, man wird mit viel Grün und tollen Ausblicken auf die Ebene und den schmucken elsässischen Städtchen und Dörfer belohnt. Und natürlich mit den Anblicken der wohl ehedem prunkvollen Sitze der Edelleute.

     

     

    Bild: Harald Bajohr

    Vor lauter Begeisterung über die Strecke und das außerordentlich freundschaftliche Miteinander geriet meine Wenigkeit schon bei Kilometer 13 ins Stolpern. Eine kleine Unachtsamkeit, genau dort, wo man dies eben so gar nicht erwartet und jäh hätte das Abenteuer hier enden können. Gleich mehrere französische Mitläufer:innen umringen mich und erst nachdem ich humpelnd mehrfach versichere, dass es mir gut geht und nichts Schlimmes passiert ist, lassen sie mich zurück und ziehen im Galopp von dannen. Nach ein paar 100 Metern finde ich zurück ins Rennen, der stechende Schmerz verzieht sich und malträtiert mich erst viel später wieder.

    Erst irgendwo jenseits der 40 Kilometer. Dort, wo das Ziel so nahe rückt und doch viele Fasern im Körper sich bemerkbar machen, dass es kaum noch eine Rolle spielt, Bis dahin macht es viel Spaß auf den Trails in den Vogesen, häufiger einfach auch einmal inne halten, genießen und sich über den Luxus, hier laufen zu dürfen während in anderen Regionen der Welt die Erde bebt, bewusst zu sein. Den einen und anderen kurzen Plausch, andere motivieren und sich selbst motivieren lassen. An den drei Verpflegungsstellen gibt es vieles, was das Läufer:innen-Herz begehrt und im Grunde genommen nichts vermisst wird. Auch wenn es anfangs hier hektisch zugeht, es ist diese ganz besondere Atmosphäre, die diese Läufe so auszeichnet.

     

     

    Bis zur letzten Verpflegungsstelle bei Kilometer 42 sind die größten Herausforderungen genommen. Die letzten 8 Kilometer und 145 Höhenmeter werden zu einem Triumphgang, ein sehr langer roter Teppich, der zum Abschluss noch einmal wunderbare Trails bietet bis sich im Tal Obernai zeigt. Noch ein weiteres kurzes Innehalten am Mahnmal und nach einem krassen Downhill Richtung Innenstadt winkt bald der Zieleinlauf. Der wiederum ist in Obernai besonders gut gelungen und verstärkt das ohnehin vorhandene Glücksgefühl, bei einem sehr wichtigen Rennen gefinished zu haben. Als Belohnung winken Medaille und ein Bierglas, das später zu dem für Teilnehmer:innen kostenlosen Pasta mit Nachtisch gereicht wird. Ich nehme Platz gegenüber einem französischen Mitstreiter, der mich wortreich begrüßt und mir gratuliert. Was ich begeisternd wieder zurückgebe. Ein weiteres Zeichen für Völkerverständigung, für die Sprache nur eine Möglichkeit des Ausdrucks ist.

     

     

    Erst viel später, als ich ich schon fast wieder Zuhause bin, erfahre ich, dass es Markus Meinke auf den zweiten Platz über die 100 Meilen geschafft hat. Der sympathische Athlet, der von Dynafit unterstützt wird, erreichte hinter dem Schweizer Fabrice Fauser den zweiten Platz und behauptete sich vor Jérémy Goguet. Über die Ferne schicke ich Glückwünsche und freue mich über diesen Erfolg von Markus mindestens genauso wie über mein Finish. Trailrunning ist und bleibt ein Miteinander – über alle Nationen hinweg. Selbst zwei Tage später ist dieses Lauferlebnis emotional so präsent dass ich hoffe, dass sich der Trail Alsace Grand Est by UTMB auch in Zukunft behaupten wird. Die Premiere ist perfekt gelungen, die Zukunft dieses Rennens bestimmt auch die Trail-Community. 

     

     

    Markus Meinke / Bild: UTMB Alsace
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