Ingemar Müller und Holger Boller waren sich nach ihrer Premiere beim K85 des Innsbruck Alpine Trailrun Festivals einig: Wer etwas auszusetzen hat, ist hier falsch!

    Bei meiner vierten Teilnahme am Innsbruck Alpine Trailrun Festival begleiteten mich mit Ingemar, der für das INOV-8 Team an den Start ging, ein Neuling des IATF und auch Holger vom Team Columbia sollte hier seine Premiere auf dem K85 feiern. Sechs Augen sehen schließlich mehr als zwei. Um so schöner, dass meine ganz persönlichen Eindrücke bestätigt wurden und das Fazit einhellig euphorisch ausfällt: Perfekte Organisation, tolle Verpflegung, fantastische Trails und spürbares Herzblut – Trailrunner-Herz, was willst Du mehr?

    Startschuss im Dauerregen
    Die Wetterprognosen für das Innsbruck Alpine Trailrun Festival waren alles andere als rosig. Sonnenschein und wunderbares Frühlingswetter gaben sich auch in Innsbruck nur ein kurzes Stelldichein und sollten pünktlich mit dem Start der Veranstaltung verschwinden. Der Himmel öffnete nur wenige Minuten vor dem Start zum K7 Nighttrail Auftaktrennen die Schleusen und ließ Teilnehmer und Veranstalter so richtig schön im Regen stehen. Doch dem Feuerwerk der guten Laune tat dieser Wetterumschwung keinen Abbruch und so wurden die Teilnehmer am Nighttrail mit Getöse und stimmungsvollen bengalischen Fackeln auf die Trails rund um die Hungerburg geschickt.

    Dass für den einen oder anderen aus den sieben Kilometern ein paar Meterchen mehr wurden, war allein den schlechten Sichtverhältnisse aufgrund des zum Teil heftigen Dauerregens zu verdanken. Der sorgte leider auch dafür, dass die Food Trucks mit ihrem tollen Angebot von den Teilnehmern nach dem Lauf mehr oder weniger links liegen gelassen wurden. Durchnässt und bei einem Temperatursturz von mehr als 10 Grad, suchten sich die meisten Teilnehmer wie auch wir schnell einen Platz im Trockenen. Trotz des miserablen Wetters waren Ingemar und ich uns einig: Der Nighttrail gehört mitgenommen und ist ein toller Einstieg ins Wochenende – übrigens auch bestens für Traileinsteiger geeignet, die es erst einmal langsam angehen lassen wollen. Lohnenswert alleine schon wegen der Medaille aus Holz – eine wunderschöne Erinnerung, die noch am Abend einen ehrenvollen Platz in unserer Unterkunft fand.

    Kurzer Stirnlampen-Check bei SILVA / Bild: Ingemar Müller

    Warm-Up: Equipment Check, Expo-Rundgang und Schupfnudel-Party
    Etwas Geduld müssen wir bei der Abholung der Startnummern am Freitag für den K85 mitbringen, aber als erfahrene Läufer sind wir das gewohnt. Schließlich wird die komplette Pflichtausrüstung überprüft. Erst danach erhalten wir die Start-Nummer und den entsprechenden Beutel. Wer Glück hat, bleibt am Freitag vor dem Rennen trocken. Wir bekommen nur einen leichten Schauer ab und nutzen den Nachmittag für einen Rundgang über die Expo. Ob Testschuhe vom Presenting Partner Inov8, Beleuchtungssysteme von Silva oder dem IATF Partner Petzl, ob an den Ständen der Partnerveranstaltungen oder den Trailrunning-Marken, die Stimmung beim Publikum und bei Ausstellern ist gleichsam gut.

    Die Expo ist klein, aber fein und die perfekte Gelegenheit für Informationen von Experten für die Läufer. Mit dem Vorverlegen des Race-Briefings auf 19:15 Uhr hat die Laufwerkstatt als Veranstalter vor allem den Teilnehmern am K85 einen großen Gefallen getan. Reichhaltig ist das Essenbuffet, einzig kleiner Kritikpunkt ist die Ausgabe der Getränkebons. Hier mussten die Teilnehmer und ihre Begleiter fast noch mehr Geduld aufbringen als beim Equipment-Check der Startnummern-Ausgabe. Vieles, was beim Race-Briefing erzählt wird, wurde schon im Vorfeld über die verschiedenen sozialen Netzwerke kommuniziert, dennoch sollte man sich die Feinheiten des Briefings auf keinen Fall entgehen lassen. Schließlich gab es aufgrund von Sturmschäden und Lawinengefahr einige Streckenänderungen und am Ende, so wurde prognostiziert, sollten das circa 2 Kilometer mehr Strecke und rund 200 zusätzliche Höhenmeter ausmachen. Doch dann wird es höchste Zeit für uns, die letzten Vorbereitungen für den Lauf zu treffen. Wer um 4:00 Uhr auf die Strecke geht, ist ein sehr früher Vogel.

    Bild: Harald Bajohr

    Im Herzen der Alpen – drei Läufer, unbeschreibliche Emotionen
    Es ist schwierig zu beschreiben, was uns an diesem Morgen durch den Kopf ging. Es ist ein bisschen wie die Ruhe vor dem Sturm, eine Mischung aus Vorfreude, Anspannung und großen Emotionen bevor der Startschuss fällt. Auch vor dem Start noch ein letzter Check der Pflichtausrüstung und schließlich werden wir im nahenden Morgengrauen auf die Strecke geschickt. Eine kleine Runde durch die Innsbrucker City und schon tauchen wir ein in die Trails rund um Innsbruck. Der Wettergott zeigt sich gnädig und hält entgegen allen Vorhersagen die Schleusen geschlossen. 

    Holger auf den letzten Metern ins Ziel / Bild: Petra Boller

    Holger hat sch wie bei all seinen Rennen präzise vorbereitet. Er ist mit keinerlei Erwartungen nach Innsbruck gereist und wollte sich überraschen lassen. Schließlich ist es für ihn der Auftakt zur Vorbereitung für den UTMB in diesem Jahr, den er für Columbia, seinen Ausrüster und dem Titelsponsor des UTMB bestreiten wird. „Vielleicht wollte ich bei meinem ersten richtig langen Lauf in diesem Jahr einfach zu viel. Ich bin das Rennen schnell angegangen, habe aber überhaupt keinen Laufrhythmus gefunden und tat mich auf den ersten 20 Kilometern schwer. Dann habe ich mir selbst den Druck genommen und bin einfach gelaufen und plötzlich lief es von selbst und ich konnte die Strecke in vollen Zügen genießen. Was mir besonders gefallen hat, ist die Mischung zwischen kleinen Trails, Wegen, auf denen man auch einfach Strecke machen kann und die Abschnitte durch die kleinen Dörfer und Gemeinden, in denen wir so richtig gefeiert wurden“, berichtet Holger.

     

     

    Ingemar glücklich im Ziel

    Ingemar erzählt: „Meinen ersten Tiefpunkt hatte ich irgendwo zwischen Kilometer 25 und 30. Ich habe daran gedacht, wie viel ich noch vor mir habe und ich habe mich gefragt, was ich hier eigentlich mache. Die Trails hatte ich mir nicht so anspruchsvoll vorgestellt und das hat mich wirklich überrascht, aber genau die schwierigen Passagen haben mich wieder wach gerüttelt und mich daran erinnert, dass es ein Privileg ist, überhaupt laufen zu können und in der Lage zu sein, solche Strecken zu Fuß im Laufschritt zurück legen zu können. Diese mentalen Tiefpunkte gehören einfach zum Leben eines Ultraläufers dazu. Manchmal ist es die Strecke, manchmal einfach nur ein paar aufmunternde Worte an den Verpflegungsstellen oder Gespräche mit Mitläufern, die die Kilometer schmelzen und die Zeit vergehen lassen. Das Gemeinschaftsgefühl ist hier in Innsbruck spürbar, auch das macht die Atmosphäre eines Laufes aus. Und wenn dich am Ende beim Zieleinlauf die vielen Teilnehmer und Zuschauer anfeuern, dann kann auch schon die eine oder andere Träne fließen“.

    Für mich die letzten Meter bei Regen und Dunkelheit / Bild: Ingemar Müller

    Nach meinem letztjährigen zehrenden Kampf beim K67 war ich mir vor dem Start sehr unsicher, das Rennen überhaupt zu Ende bringen zu können. Und so bin auch ich zwischen Kilometer 25 und 30 zermürbt. Die Muskulatur zeigt sich müde, der Rhythmus geht abhanden und ich frage mich wie Ingemar, was ich hier eigentlich mache. Doch an der nächsten Verpflegungsstelle beflügelt mich die gute Stimmung, die netten Menschen, die sich hier den gesamten Tag für uns Läufer die Beine in den Bauch stehen. Ich lange so richtig zu – Tomaten, Salz Gurken, Brot, Hartwurst, Käse, Gel und Riegel – und spüre wie mit der Kraft auch die Zuversicht zurück kehrt. Die nächsten Kilometer „fliegen“ mental vorbei und bald ist die Hälfte der Strecke geschafft. In Hall gratuliere ich einem Hochzeitspaar, irgendwo auf einem Forstweg begegnet mir ein Mann mit zwei Hunden aus dem Tierschutz – der eine äußerst interessiert an meinem außergewöhnlichen Geruch, der andere ängstlich zitternd Schutz suchend in der Nähe des Herrchens – Begegnungen am Rande, die den Gedankenapparat wieder von Zipperleinchen ablenken und Mut machen für die letzten Kilometer des Tages.

    Als ich endlich, mittlerweile im strömenden Regen, um kurz vor 21:00 Uhr Innsbruck erreiche und die letzte Brücke Richtung Ziel nehme, höre ich eine Stimme: „Super Harald, du hast es gleich geschafft!“ Ich bin zu müde, hoch zu schauen und erwidere nur: „Wer immer das auch sein mag, vielen Dank für die Aufmunterung“. Dann steht plötzlich Ingemar neben mir. Auch der Regen konnte ihn nicht davon abhalten, mich auf meinen letzten Metern ins Ziel zu begleiten und ein paar Erinnerungsfotos zu machen. Schnell entwickeln sich intensive Lauffreundschaften, wenn man Emotionen teilen kann.

    Bild: Ingemar Müller

    Ein Fazit
    Die Trails sind wunderschön, teilweise technisch sehr anspruchsvoll, aber jeden Meter wert, entdeckt zu werden. Die Beschilderung ist schlichtweg ausgezeichnet und an den Verpflegungsstellen regiert Herzlichkeit und ein Läuferbuffet, an dem man gerne auch noch länger verweilen würde. Auch das Wetter hatte Erbarmen, weitestgehend blieb es bis zum späten Nachmittag trocken, stellenweise zeigte sich sogar die Sonne am Himmel. Die Ortschaften, die durchquert werden, sind zum Teil echte Schmuckstücke, in denen die Läuferinnen und Läufer herzlich begrüßt und umsorgt werden. Die Streckenführung ist ausgezeichnet und bietet viel Abwechslung. Beim Zieleinlauf von Holger (12:08h) und Ingemar (13:00h) herrschte ausgelassene Stimmung. Die Finisher werden bejubelt und Innsbruck feiert seine Läuferheldinnen und -helden. Für die Teilnehmer des K85 und K67, die länger unterwegs sind, galt es: Regenjacken aus dem Rucksack. Zuerst heftige Schauer, dann Dauerregen, ab 17:30 Uhr erfüllten sich die schlechten Wetterprognosen, doch zu diesem Zeitpunkt hatten alle Läuferinnen und Läufer den größten Teil des Kurses hinter sich. Ich selbst laufe bei Dauerregen um 21:00 Uhr ins Ziel und auch hier sind trotz des miserablen Wetters Beifallspender unterwegs und feuern an, was das Zeug hält. Bis 23:30 Uhr bleibt das Ziel noch geöffnet. Während ich schon längst unter der heißen Dusche stehe und mich auf eine Pizza und mein Bett freue, ist die Knödelparty im Congress-Zentrum in vollem Gang. Ein gebührender Abschluss für alle, die weniger müde Beine haben und noch fit genug sind.

    Ein Panorama, das sich sehen lassen kann

    Keine Frage: Wir kommen wieder!
    Es gibt keine Gründe, im nächsten Jahr nicht wieder zum Innsbruck Trailrun Festival zu reisen. Von einem Geheimtipp bei der Premiere 2015 hat sich die Veranstaltung zu einer festen Institution als Auftakt in die Trailrunning-Saison entwickelt. In diesem Jahr hat das Innsbruck Alpine Trailrun Festival zum ersten Mal die Marke von insgesamt 3.000 Teilnehmern geknackt. Wie hoch das Potential für die verschiedenen Distanzen rund um Innsbruck ist, muss der Veranstalter entscheiden. Ausgebucht war das Rennen in diesem Jahr erst kurz vor dem Start ins Wochenende. Man muss allerdings kein Prophet sein, um voraus zu sehen, dass das Ringen um die Startplätze im nächsten Jahr ein heißer Tanz werden wird. Auch darin sind Holger, Ingemar und ich uns einig: Wir kommen gerne wieder! 

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