Ein gutes und effektives Triathlon-Trainingslager beginnt mit einer guten Vorbereitung und einer klaren Zielstellung. Die kann von sehr klaren leistungssportlichen Zielen bis hin zur Fitnesssteigerung mit Spaßcharakter reichen. Wichtig ist nur zu wissen, was man will und dass die Zielstellung realistisch ist.

    In der Regel dienen die Frühjahrstrainingslager dazu, störungsfrei die aerobe Grundlagen- und Kraftausdauer zu erhöhen und sich dem Modus: Eat – Train – Sleep – Repeat widmen zu können, und das in einem schönen, leistungsproduktivem Umfeld, an einem schönen Ort. 3-4 Monate vor dem ersten Saisonhöhepunkt ist ein optimaler Zeitpunkt eine solche aerobe Spitze zu setzen. Falls man aus irgendwelchen Gründen, z.B. wegen des beruflichen Stresses, Verletzungen und/oder Infekten es nicht geschafft hat, einen adäquaten Trainings- bzw. Leistungsstand zu schaffen, muss man die Trainingsziele/Inhalte im Trainingslager entsprechend anpassen. Die Gesamtbelastung muss herrunter gefahren und die Intensitäten müssen entsprechend angepasst werden – etwas langsamer, etwas weniger bereitet dann die Straße des Erfolgs. Wer aus Ego-Gründen den Local Hero spielen möchte, wird nach wenigen Tagen den anderen nur noch beim Training zuschauen können oder als „Camp-Zombie“ herumschleichen. Nur um Rande: Was in den Wochen/Monaten vor dem Trainingslager nicht geschafft wurde, kann auch nicht in den letzen zwei Wochen vor dem Trainingslager ausgeglichen werden. Im Gegenteil, man sollte darauf achten, ausgeruht und in einem stabilen Gesundheitszustand ins Trainingslager anzureisen!

    Vor Ort selbst sollte man das Hirn nicht ausschalten und gut auf seinen Körper hören. Eine Leistungsdiagnostik im Vorfeld hilft auch bei der individuellen Trainingssteuerung, durch die Daten aus Herzfrequenz und Watt beim Radfahren und Herzfrequenz und Geschwindigkeit beim Laufen, das Trainingsziel zu erreichen und gut und gesund durchzukommen. Auch das Motto, „ich bin hier der ganz Harte und mache richtig den Molli“, hilft nicht die biologischen Gesetze der Trainingssteuerung und vor allem die des Belastungsregimes -Belastung und Entlastung – zu gehorchen. Das bedeutet: Trainieren in den richtigen individuellen Trainingsbereichen und in den richtigen Niveaugruppen. Im aeroben Ausdauertraining, bei der hohen Gesamtbelastung im Trainingslager – in diesem Bereich eher etwas ruhiger und kontrollierter – als einen Ticken zu intensiv. Nichts killt bei der Gesamtbelastung mehr, als permanentes Training im hohen GA1 oder ganz unappetitliches Mischtraining im GA1/2 Bereich, das keine stabilen Anpassungen bringt und sie immunologisch abschießen wird. Kontrolliertes Training lautet das Zauberwort! Das heißt, an den Tagen der reduzierten Belastung – gemeinhin Ruhetag genannt – auch Ruhe geben und „mal unten bleiben vom Bock“. Diese Tage sind ideal für Schwimmtraining- und/oder Athletik- und Dehnungssessions. Wer zu Hause 10-12 h die Woche trainiert, kann im Trainingslager keine 40 h trainieren – auch wenn er theoretisch dazu Zeit hat. Das macht sportlich und im Sinne eines zielgerichteten Saisonaufbaus (Reizreserve) keinen Sinn.

    Apropos aerobes Kraftausdauertraining auf dem Rad – auch Ausdauerkraft KA1 oder K3 genannt. Das ist sicherlich ein sinnvoller Inhalt in diesem Zeitraum des Jahresaufbaus. Aber auch dieses Kraftausdauertraining will vorbereitet sein. Es sollten bereits entsprechende Trainingseinheiten zu Hause in der freien Wildbahn oder auf der Rolle / Ergometer erfolgt sein. Wenn es bisher noch nicht geklappt hat, sollte sehr vorsichtig damit begonnen werden. In der Regel fährt man im Kraftausdauertraining seine 60-65 U/min – eine kontrollierte ruhige Trittfrequenz, bei der man sich auch auf die saubere Tritttechnik – frühe Druckphase, leichte Zugphase, konzentrieren kann. Die Intensität ist dementsprechend beherrscht, unterhalb der individuellen anaeroben Schwellen, kein Gruppen-Clash-Off, frei nach dem Motto „wer ist als erster oben“. Falls man diese Inhalte noch nicht vorbereiten konnte, sollte auf jeden Fall mit Tretfrequenzen von 70 U/min begonnen werden, um die Strukturen, besonders im und am Kniegelenk und Rücken, nicht zu überlasten. Kraftausdauertraining sind spezielle Trainingseinheiten und sollten gesondert in der Planung ausgewiesen sein. In „normalen“ Ausfahrten, sollten Bergan-Anteile im aeroben Grundlagenausdauerbereich (GA1) mit flüssiger Trittfrequenz über 75 U/min absolviert werden, sonst klingelt die Kasse beim Orthopäden zu Hause schon voller Vorfreude.

    Um bei dem vielen Training, besonders auf dem Rad und den Inhalten eines komplexen Triathlon-Trainingslagers, die Belastbarkeit zu sichern und die Regeneration zu beschleunigen, sollte auf ausführliche Lockerung und Dehnung der Antriebsmuskulatur geachtet werden. Dazu gehört natürlich auch die wichtigen Übungen zur Ganzkörperspannung und Rumpfmuskulatur. Für die Nachbereitung des Radtrainings sollte besonders die komplette Hüftmuskulatur gut gelockert und gedehnt werden, sonst läuft man durchs Hotel wie man auf dem Rad sitzt. Das macht nicht nur langsam, sondern können auch Verletzungen/Beschwerden in der Gesamt Muskelkette/Schlinge zur Folge haben.

    ©ProTrainingTours

    So ein Trainingslager ist auch keine Kur zur Gewichtsreduzierung. Wenn durch die viele Bewegung, bei guter und kohlehydratreicher Verpflegung, einige Pfunde purzeln und Fett verschwindet und Muskulatur entsteht, in Ordnung! Aber bloß nicht fasten und Mahlzeiten auslassen, das macht bei der Gesamtbelastung keinen Sinn – im Gegenteil, man öffnet durch die Schwächung des Immunsystems Tür und Tor sperrangelweit für Infekte. Der Körper braucht bei der hohen und für die meisten ungewohnten Belastung ausreichend und regelmäßig Kohlehydrate. Die Fette verbrennen im Feuer der Kohlehydrate. Ausreichend Flüssigkeit ist besonders wichtig und wird oftmals schlichtweg vergessen. Insgesamt sollte trotz des Radschwerpunkts, das Laufen, Schwimmen und Athletiktraining nicht vernachlässigt werden. Reines, blindes Kilometerschrubben ist out und nicht sinnvoll. Bei aller Grundlagenausdauerarbeit, sollte die Qualität (Technik und Schnelligkeit/Frequenz) und die Ganzkörperarbeit beachtet werden. Dann wird man das Trainingslager müde, aber gesund beenden und nach einer Erholungsphase von ca. 10 Tagen wieder weiter Richtung Saisonhöhepunkt aufbauen können. Viel Spaß und Erfolg!

    Text: Ralf Ebli

    Bilder: Protraining Tours

    Über Ralf Ebli: Aktuell Chefbundestrainer der Deutschen Triathlon Union. Er berät zu dem Leistungs- und Hobbysportler, Firmen und Vereine zum Thema: Training, Motivation und Gesundheit.

     

     

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