Zweifelsohne ist das pittoreske Städtchen Stresa am Lago Maggiore so oder so eine Reise wert. Das merkt man leider allzu deutlich auch an den Busladungen zumeist älterer Herrschaften, die das Städtchen in der Regel vor allem am Wochenende bevölkern. Vom 05. – 08. Mai mischten sich allerdings eine Schar von Läufer:innen unter das touristische Einerlei. Für ein Wochenende war ein kleiner Teil des Seeufers fest in Läufer:innen-Hand. Meinem Eindruck nach sehr zum Belieben der heimischen Bevölkerung, von der das laufende Publikum mit viel Herzenswärme empfangen wurde. Der Umzug des VIBRAM© Trail Mottarone nach Stresa bescherte den Teilnehmer:innen auch einen unvergesslichen Zieleinlauf direkt am Seeufer.

Starke Partnerschaft
Nach dem Ausstieg von Vibram als Partner des UTMB seit diesem Jahr, liegt die Konzentration des Unternehmens auf der Förderung heimischer Laufveranstaltungen. Das Vibram-Headquarter in Albizzate liegt nur rund 50 Kilometer von Stresa entfernt. Für Jerome Bernard, Vibram Marketing Manager also fast schon eine Selbstverständlichkeit, dass man sich seit der Premiere beim Trail Mottarone als Namensgeber engagiert. Ebenfalls eine Selbstverständlichkeit, dass sich Jerome auch in diesem Jahr es sich nicht nehmen ließ, selbst auf die Strecke bei der 2 x 45 Km Staffel an den Start zu gehen.

Klein, fein und Oho
Der VIBRAM® TrailMottarone startete am Donnerstagabend mit einem kleinen Sunset-Run mit dem Vibram® Athleten Gediminas Grinius, der seines Zeichens 2016 die Ultra World Tour gewinnen konnte. Statt Sunset gab es jede Menge Regen, wahrscheinlich der Grund dafür, dass nur eine Handvoll an Läufer:innen sich zu dem kleinen Aufwärmen für ein schönes Wochenende tummelten.
Mit dem Freitagmorgen allerdings fiel der Startschuss für das Event-Wochenende. Startunterlagen-Abholung in entspannter Atmosphäre und vor dem Hintergrund einer wirklich wunderbaren Ausstellung von Impressionen aus der Umgebung, einer sehr kleinen Expo sowie einem Outdoor-Film Festival, bei dem ein Film über den Ultra Trail Lago Orta gezeigt wurde. Prädikat sehenswert! So langsam wurde das Bild der üblichen Touristen von Läufer:innen abgelöst.
Erbarmen von oben
Immerhin ließ der Regen zum Start der 90 Kilometer am Samstagmorgen um 6:00 Uhr nach. Der Start für die 12 Kilometer erfolgte am Samstagnachmittag sogar bei Sonnenschein. Genügend Zeit also, einmal kurz über die ebenfalls sehr kleine Expo am Seeufer zu schlendern, die vor allem vom Titelsponsor mit allen Informationen zum Resoling-Projekt dominiert wurde. Ein Stand eines Sportgeschäfts, einer Partnerveranstaltung sowie einer physiotherapeutischen Praxis, die für mich später noch zum Tragen kam, komplettierten das kleine Expo-Bild am Seeufer. Knapp über 200 Teilnehmer:innen verzeichnete der Vibram® Mottyno Run, bei dem es vom Start weg vor allem steil zuging.
Zunächst durch die kleinen Gassen von Stresa hinauf zu wunderbar schmalen Trails, um anschließend auf ebenso verschlungenen Pfaden wieder hinunter Richtung Ziel am Seeufer zu laufen. Das Zeitlimit mit 3 Stunden großzügig bemessen, ein Lauf also wirklich für alle.
Im Ziel beschenkt mit einer schönen Medaille, Freibier einer hiesigen Brauerei und vor allem einem Massage-Service für alle Teilnehmer:innen. Die ich in Vorbereitung auf den Start für die 30 Kilometer-Strecke sehr gerne in Anspruch genommen habe. 30 Minuten Wellness und Entspannung pur sponsored bei Studio Decataldo, der Sonntag konnte also getrost kommen.
Ungewöhnlich, fordernd, fantastisch
Ich wurde bisher noch nie mit einem Boot zum Start geshuttelt. Der Startort Baveno liegt genau 30 Kilometer von Stresa entfernt am anderen Seeufer.

Entspanntes Warten am Sonntagmorgen vor der Anlegestelle, entspanntes Aussteigen in Baveno. Überhaupt herrscht an diesem kompletten Laufwochenende eine außergewöhnliche Atmosphäre. Race-Direktor Max scheint überall gleichzeitig zu sein, wie auch Jerome, der sich den Start vor Ort natürlich auch nicht entgehen lässt. Wenn auch mit etwas merklich steifen Beinen. Resultat seines 45 Km Rennens mit 3000 Hm. Beim Verlassen des Bootes bedankt sich jeder der Passagiere beim Captain für den Service, der ein bisschen stolz zu sein scheint, Teil dieses Laufes zu sein.
In Baveno spielt bis zum Startschuss eine Kapelle auf, meine zumeist italienischen Mitstreiter gönnen sich noch einen Capucchino oder Espresso vor dem Start in dem nahe gelegenen Café. Es geht entspannt zu. Mit dem Startschuss stehen erst einmal 11 Kilometer mit fast 1.700 Höhenmeter Anstieg zum Monte Mottarone auf dem Programm. Natürlich geht es steil zu.
Zunächst über einen wunderbaren Waldpfad, anschließend über Geröll und Gestein hinauf zum Mottarone. Mit drei Stunden ist das Zeitlimit kalkuliert, eine stramme Geschichte also. Ich erreiche den Gipfel 20 Minuten vor dem Cut-Off. Es wäre genügend Zeit gewesen, den Blick schweifen zu lassen und die tolle Kulisse der umliegenden Gipfel auf mich wirken zu lassen. Doch leider versteckt sich das Panorama hinter einer Wolkendecke und hinter Nebelschwaden. Also direkt wieder hinunter. Zunächst steil, aber technisch nicht besonders fordernd. Die Verpflegungsstationen sind üppig bestückt mit dem, was man erwarten würde, aber eben auch mit ein paar typischen regionalen Leckereien. Die 10 Kilometer vom Mottarone bis zur nächsten Verpflegung ziehen sich etwas zäh dahin. Die Wolkendecke macht jetzt der Sonne ein wenig Platz, ach, wäre ich doch eine Spur langsamer unterwegs gewesen.
Die letzten 10 Kilometer wird es noch einmal herausfordernd. Es geht Richtung Stresa noch einmal steil zur Sache, immer wieder den Lago Maggiore und das Städtchen schon so nah vor Augen. Noch drei Kilometer, noch zwei Kilometer, an der Strecke begrüßen uns freundliche Bewohner und machen Mut für die letzten Downhills über die so typischen Pflastersteine, die so viel Konzentration erfordern. Die letzten Meter entlang der Uferpromenade, Platz suchend zwischen den bummelnden Touristen und endlich der Zieleinlauf direkt am Seeufer. Ein harter, aber auch wunderbarer Lauf mit einem finale grandioso. 6 Stunden beträgt das offizielle Zeitlimit, aber genauso wie mit den Kilometerangaben nimmt man es hier nicht so genau. Die letzten Läufer:innen kommen 30 Minuten nach dem offiziellen Cut-Off ins Ziel. Diese leider wieder bei Gewitter und Regen.

Der VIBRAM® TrailMottarone ist eine ganz wunderbare Laufveranstaltung, die einfach Spaß macht. Es ist so etwas wie ein Geheimtipp für Läufer:innen, die eine familiäre Atmosphäre lieben und Understatement bevorzugen. Dieser Lauf ist wie sein Veranstaltungsort eine Perle. Alle Informationen gibt es unter trailmottarone.com.
