TirolWool®- das Gute liegt manchmal so nahe, wie im Falle der Tiroler Wolle, die in direkter Nachbarschaft zum Hauptsitz der Oberalp Gruppe in Bozen gewonnen wird und auch bei Christine Ladstätter, Special Project & Innovation Managerin bei SALEWA, für die eine und andere Überraschung sorgte.
    Christine Ladstätter, Special Product & Innovation Managerin, begleitet das Projekt Alpine Hemp seit Beginn. Credit: SALEWA

    Seit dem Jahr 2016 haben Produkte mit Tiroler Wolle einen festen Platz in den SALEWA Kollektionen. Dabei haben schon die Urgroßeltern der Familie Oberrauch mit Lodenstoffen gehandelt. Das Verständnis für Naturmaterialien ist also generationsbedingt sehr groß in der Unternehmerfamilie. „Ab dem Jahr 2010 wurden auch im Zuge der Bestrebungen für mehr Nachhaltigkeit und Transparenz die klassischen Funktionsfasern, die in Bekleidung für den Bergsport eingesetzt werden, zunehmend in Frage gestellt. Dabei erfuhr die Wolle als Naturmaterial eine Renaissance und wir haben erste Überlegungen angestellt, die traditionelle sowie regional gesourcte Tiroler Wolle zu verwenden“ erläutert Christine Ladstätter. Der Anstoß für das Projekt „TirolWool®“ kam darauffolgend von Peter Veider von der Tiroler Bergrettung. Sein Gedanke war, die rund 4.000 Mitglieder der Bergrettung mit Bekleidung aus lokaler Wolle auszustatten. Seit diesem ersten Anstoß verging wenig Zeit, bis das SALEWA-Team das erste Produkt mit Tiroler Wolle in den Händen hielt.

    „In den 80er Jahren hatte Wolle noch einen Wert. In den darauffolgenden Jahren verfiel dieser rapide“, erklärt Christine Ladstätter, die das Projekt TirolWool® von Beginn an begleitet und seitdem viel dazu gelernt hat. „Die Bergbauern hatten einige Jahre große Schwierigkeiten, einen adäquaten Preis für ihre Wolle zu erzielen. Teilweise wurde die Wolle als Sondermüll entsorgt und verursachte für die Bergbauern einen zusätzlichen Kostenfaktor. Nur ein geringer Anteil wurde von Kleinbetrieben verwertet, zum Beispiel verarbeitet in Filzpantoffeln, Socken oder Teppichen“ so Ladstätter. „Die Dolomiten sind für uns eine wichtige Referenz. Die Schafwanderungen über den Alpenhauptkamm vom Vinschgau ins Ötztal finden im Grunde in unserer Nachbarschaft statt und uns war von Beginn des Projekts an wichtig, sowohl Wolle von den Tiroler Bergschafen auf der österreichischen Seite als auch von den Südtiroler Brillenschafen zu beziehen“. Deren Anzahl ist gegenüber ihren österreichischen Verwandten deutlich geringer. Während in den Südtiroler Dolomiten circa 800 Brillenschafe leben, gibt es in Tirol rund 80.000 Bergschafe. Jährlich fällt in Tirol/Österreich ein Volumen von bis zu 60 Tonnen Wolle an, im Villnösstal in Südtirol hingegen ist es circa eine Tonne Rohwolle. Die Schafwolle ist ein Nebenprodukt für die Landwirte, die vor allem die Schafe zur Bewirtschaftung der hoch gelegenen Almen einsetzen und über die Milch- und Fleischproduktion einen nicht unerheblichen Wirtschaftsfaktor erzielen. „Die nachhaltige Weidehaltung ist eine wichtige Alternative für landwirtschaftliche Betriebe. Denn das Weiden der Schafe ermöglicht vor allem auch die schonende Erhaltung der alpinen Flora“ weiß Christine Ladstätter.

    TirolWool® wird bei SALEWA in Kombination mit der Responsive Technologie bei allen Isolationsmaterialien eingesetzt, außer bei Daunenjacken. Dafür bezieht das Unternehmen bis zu 7.000 Kilogramm Wolle von den Bergschafen aus Österreich und zwischen 500 und 700 Kilogramm von den Südtiroler Brillenschafen. „Für die leichteste SALEWA Isolationsjacke benötigen wir 50 Gramm Wolle, das heißt, wir haben noch viel Luft nach oben und werden so schnell keine Materialnot erleiden“ erzählt die Special Project & Innovation Managerin Christine Ladstätter. Dabei hat die Tiroler Wolle, die grober, dafür allerdings auch langlebiger und vor allem über eine höhere Rücksprungkraft verfügt als die feinere Wolle der Merinoschafe, seit 2016 viel an Wertschätzung gewonnen. TirolWool® gehört mittlerweile zu SALEWA. „Wir haben Einsicht in die komplette Wertschöpfungskette, wir wissen, wo sich die Schafe aufhalten, wie sie sich ernähren und wir wissen um die hohe Qualität der Wolle“ so Christine Ladstätter. Die Zusammenarbeit mit der Vereinigung Tiroler Berglamm und der Furketta, die Brillenschaf-Vereinigung, ist höchst partnerschaftlich. „Früher haben die Bauern 60 Cent pro Kilo Wolle bekommen, aktuell liegen sie bei mindestens doppelt so viel. Diesen Preis garantieren wir“. Erstaunlich dabei ist, dass die Isolierung durch die Wolle am Ende nicht teurer ist, als die Verwendung von synthetischen Isolationsmaterialien. „Wir haben seit 2016 dem Material einen Markt geschaffen“ fasst Christine Ladstätter zusammen, auf den auch andere, kleinere Betriebe zur Weiterverarbeitung zugreifen können. Die TirolWool® Produkte von SALEWA werden allerdings in China, bei einem langjährigen Partner, der von der Fairwear Foundation ausgezeichnet ist, gefertigt. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass das Nylon für die Jacken ausschließlich in Asien gefertigt wird und es aktuell noch unmöglich wäre, Produkte im mittleren Preissegment komplett „made in Italy“ oder „made in Europe“ am Markt zu platzieren.

    Gewaschen wird die Wolle allerdings seit dem Jahr 2020 wieder in Italien, ein extrem wichtiger Faktor in der Wertschöpfungskette. Die Wolle wird ebenfalls in Italien mit einer chlorfreien Ausrüstung versehen, die die Waschbarkeit der Endprodukte garantiert. Ebenso wie die Produktion der hochwertigen Wattierung. Imbotex in Cittadella ist ein zuverlässiger Partner, ohne den dieses Projekt nicht möglich wäre. Fühlbar ist das Endprodukt in den SALEWA Mützen, die aus dem TirolWool® Garn entstehen und sogar in Italien gefertigt werden. „Die Wahrnehmbarkeit des Materials ist für den Konsumenten ein wichtiges Argument für die Kaufentscheidung“ weiß Christine Ladstätter und so entstand die Idee, das Material nicht nur als „versteckte“ Isolationsschicht zu verwenden, sondern auch in andere Produkte einzuarbeiten. Doch der wichtigste Aspekt bei dem Projekt TirolWool®, „das auch zukünftig viel Potential haben dürfte“ ist für Christine Ladstätter „die direkte Zusammenarbeit und der Austausch mit den Erzeugern. Wir wissen um die hervorragende und gesunde, weil naturbelassen in den Bergen gewachsene, Qualität der Wolle. Wir wissen wie die Bergbauern arbeiten und wir legen viel Wert auf eine faire Partnerschaft, bei der wir nicht um den Preis verhandeln, um ihn am Ende zu drücken. Wir zahlen das was die Wolle wert ist, weil uns die Qualität überzeugt und das Miteinander äußerst wichtig ist“. Das Projekt „TirolWool®“ mag entstanden sein aus der wiederentdeckten Liebe zur Tradition der Bergschafbauern, für SALEWA, respektive Christine Ladstätter, ist TirolWool®zu einer Herzensangelegenheit geworden.

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