Mit der neuen Streckenanpassung um zusätzliche 1.000 Höhenmeter gegenüber dem Vorjahr brachte der diesjährige Stubaier Ultratrail auch hartgesottene Läuferinnen und Läufer an ihre Grenzen.

    Bild: Harald Wisthaler

    Schon die nackten Zahlen sollten für sich sprechen. 66 Kilometer und 6.000 Höhenmeter in den Stubaier Bergen sind kein Zuckerschlecken und in der Praxis zeigt sich das Gelände steil und zum Teil anspruchsvoll. Das gilt übrigens für alle Strecken, die im Angebot sind. Bevor man sich also euphorisch anmeldet, um einem der härteren Trailrennen die Stirn zu bieten, gilt es, sich etwas eingehender mit den Strecken zu beschäftigen.

    Dass in diesem Jahr auch durchaus erfahrene Ultraläufer es nicht ins Ziel geschafft haben, ist nicht ausschließlich den heißen Temperaturen zu verdanken. Auch ich musste mich am Ende vor dem Gletscher verneigen und 5 Kilometer und 800 Höhenmeter vor dem Ziel an der Dresdner Hütte das Rennen verlassen. Das Zeitlimit war schneller als ich.

    Bild: Harald Bajohr

    Wunderbares Panorama bei schönsten Sommerwetter
    Die Stimmung konnte bei den Wetteraussichten nur perfekt sein. Bei einem Event, das von der PLAN B event GmbH durchgeführt wird, wird man voll und ganz verwöhnt. Von der Anmeldung über die Streckenmarkierung über die Verpflegungsstellen bis hin zur Atmosphäre, so wird auch der Stubai Ultratrail, der in den Händen des Tourismusverband Stubai liegt, ausgezeichnet in Szene gesetzt. Von der Ankunft bis zur Siegerehrung, die auf dem Dorfplatz in der Dorfmitte von Neustift am Abend rund eine Stunde nach dem Zielschluss stattfindet. Das Panorama mit der Stubaier Bergwelt und im Angesicht mit dem Gletscher ist ohnehin schon atemberaubend und alleine deswegen ist das Stubai auf jeden Fall eine Reise wert.

    Kleine Expo, großes Angebot
    Mit den Startunterlagen im Gepäck ist ausreichend Zeit die überschaubare Expo vor dem Eingang der Festhalle zu besuchen. Es ist genügend Zeit für ausführliche Gespräche und eingehende Beratungen. Hervorzuheben ist das Angebot von Ledlenser, sich noch kurzfristig für den Lauf eine Stirnlampe auszuleihen.

    Im Angebot die neue NEO10R. Über 40 Teilnehmer auf der Ultrastrecke nutzen dieses Angebot. Ansonsten dient die Expo zum lockeren Austausch in der Community. Pasta Party, bei der nicht gekleckert wird in Sachen Portionsfülle und das kurze Strecken- und Sicherheitsbriefing finden in der Halle des Freizeitzentrums statt. 

    Auf nach Innsbruck
    Dann ist es endlich so weit. Pünktlich um 22:30 Uhr geht der Shuttle nach Innsbruck. Die Stimmung im Bus ist angespannt, geprägt von den leisen Gesprächen meiner Mitläufer, die Landschaft fliegt draußen vorbei. 30 Minuten später erreichen wir Innsbruck. Es bleibt noch genügend Zeit für die letzten Vorbereitungen. Trinkbehälter noch einmal nachfüllen, Schuhe fest schnüren während am Landestheater die Stimmen der beiden Sprecher sich über den Platz ihren Weg bahnen.

    Einchecken in die Startzone, die Rucksackkontrollen werden ernst genommen und schon bald beginnt der Countdown. Aus den Lautsprechern dröhnen die typischen Eventsongs bevor wir endlich auf die Strecke geschickt werden. Gute zwei Kilometer geht es durch die City bevor der erste kleine Anstieg erfolgt.

    Berauschende Trails, fantastisches Panorama
    Die ersten Kilometer fliegen fast dahin. Bis zur ersten Verpflegungsstellen ist es ein Warm-Laufen. Ich liege super in der Zeit und bin selbst überrascht. Auf geht es weiter nach Telfes zur zweiten Verpflegungsstelle. Die Sillschlucht ist mir bereits bekannt, doch in der Dunkelheit läuft es sich einfach anders. Schwierig einen guten Rhythmus zu finden, einige hasten an mir auf den schmalen Pfaden vorbei.

    Doch ich versuche, mich nicht verrückt machen zu lassen. Schließlich liegt noch einiges vor mir. Die Nacht verschlingt uns, die Stirnlampen tanzen in der Dunkelheit und über uns die Sterne bei einer klaren und warmen Sommernacht. Schließlich geht es ans Eingemachte. Der Anstieg zur Starkenburg Hütte und weiter hoch auf fast 2.400 Metern. Immer noch liege ich komfortabel in der Zeit. Im Morgengrauen weht eine kühle Brise, immerhin habe ich schon 1200 Höhenmeter hinter mir. Der Sonnenaufgang in den Bergen verschafft uns ein wunderbares Panorama. Wenn die Zeit doch nur stehen bleiben könnte, um diesen wunderbaren Moment genießen zu können. Zwischen den Felswänden, hoch oben in den Bergen scheint ohnehin die Zeit still zu stehen. Die Strecke ist einfach traumhaft, vor allem bei diesen Bedingungen.

    Medical Check oder die Auseinandersetzung mit sich selbst
    Mittlerweile brennt die Sonne vom Himmel. Der Schweiß rinnt in Strömen. Bis hierher habe ich schon bei den Verpflegungsstellen sowohl die Trinkblase als auch meine Trinkflasche gefüllt. 2 Liter Flüssigkeit auf rund 10 Kilometer ist die mindeste Vorbeugung vor der Hitze. Dazu immer wieder und an jeder Möglichkeit den Kopf kühlen. Ein kritischer Blick des Arztes beim Medical Check an der V5 auf der Middernaualm, kurze Nachfrage nach meinem Zustand und die Empfehlung, mir eine kleine Auszeit zu gönnen. Zwei Stunden vor Cut Off erreiche ich diesen Verpflegungspunkt und gönne mir 30 Minuten Auszeit. Fast 40 Kilometer und über 3.000 Höhenmeter sind geschafft. 

    Bild: Harald Wisthaler

    Zeitverlust
    Ab jetzt vergeht plötzlich die Zeit wie im Flug. Obwohl ich schnurstracks mein Tempo weitergehe, verliere ich Zeit und hinke einfach nur noch hinterher. Die Trails hier oben sind wunderschön, gespickt mit Passagen, die durchaus anspruchsvoll sind. An der nächsten Verpflegungsstelle auf der Regensburger Hütte sind es nur noch wenige Minuten bis zum Cut Off. Doch es geht weiter steil bergab, um anschließend die Läufer wieder genauso steil nach oben zu treiben. An der Tschanfelair Alm liege ich noch vor den Zeitlimits, aber mein gesunder Menschenverstand sagt mir, dass ein Finish nicht nur in weite Ferne gerückt, sondern unmöglich im Rahmen des Zeitlimits geworden ist. Die meisten der Läuferinnen und Läufer, die bis hierhin mit mir unterwegs sind, streichen die Segel und zollen den Zeitlimits, der anspruchsvollen Strecke und möglicherweise auch der Hitze Tribut. Allerdings folgt bis zur Mutterbergalm mit den Wasserfällen ein weiteres Highlight der Strecke, das ich gerne noch mitnehme. Außerdem fahren von der Mutterbergalm die Shuttles nach Neustift. Ich gönne mir die nächsten 5 Kilometer mit dem festen Vorhaben, das Rennen hier zu verlassen.

    Die 232 sollte mir kein Glück bringen / Bild: Harald Bajohr

    Hängende Köpfe
    Frustriert lege ich mit meinen Mitläufern die letzten Meter bis zur Verpflegungssation zurück, die ich gerade noch so eben im Zeitlimit erreiche. Die Dame an der Verpflegungsstation erzählt mir, dass es eine Toleranzzeit gäbe und wir es noch locker ins Ziel schaffen könnten. Bei gesundem Menschenverstand betrachtet, ist das unmöglich. Doch ich bin erschöpft, nicht mehr in der Lage einen klaren Gedanken zu fassen und die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Für die nächsten steilen 3 Kilometer und rund 500 Höhenmeter bleiben mir 50 Minuten. Nach 57 Kilometern und 4.500 Höhenmetern unmöglich. Aber ich bin nicht der Einzige, dessen Kampfgeist geweckt ist und der den wunderschönen Trail bis zur Dresdner Hütte auf sich nimmt. Um 17:11 Uhr ist das Rennen für mich vorbei. Ich habe für diesen Abschnitt 1:22h gebraucht, der Schnellste 42 Minuten. Die Stimmung der rund 20 Läuferinnen und Läufer schwankt hier oben zwischen einer gewissen Freude über die nahe Aussicht auf den Gletscher bei purem Sonnenschein und dem Frust, gescheitert zu sein. Uns bleibt entweder die Fahrt mit der Gondel auf den Gletscher oder hinab ins Tal. Ich möchte mir den Anblick des Ziels und der fröhlichen Finishergesichter, der Medaillen und Shirts ersparen und mache mich auf den Weg hinab ins Tal.

    Schmerzvolle Nachbetrachtung
    Ein Scheitern tut immer weh und hinterlässt tiefe Spuren in der Seele. Einzig die Tatsache, alles gegeben zu haben und immerhin bei diesem Rennen 60 Kilometer und über 5.000 Höhenmeter zurück gelegt zu haben, hinterlässt einen gewissen Stolz. Doch die Zweifel lassen sich kaum besiegen. Tatsache ist: Ich bin dem Stubai Ultratrail nicht gewachsen. Er ist mit der Streckenanpassung um 1.000 zusätzliche Höhenmeter gegenüber dem Vorjahr eine Nummer zu groß für mich. Keine Frage: Die Veranstaltung bietet wunderbare Trails und ein berauschendes Panorama mit einem einzigartigen Zieleinlauf. Doch man sollte sich nicht von den Tatsachen blenden lassen. Der Stubai Ultratrail ist ein höchst anspruchsvolles Rennen mit strengen Zeitlimits – und das gilt für wirklich alle Distanzen – bei dem auch erfahrene und gestandene Ultraläufer durchaus an ihre Grenzen geraten können.

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