Eigentlich gehört ein Wettkampfanzug wie der Matrix von MP ins Wettkampfbad auf die Bahn, aber was ist in diesen Zeiten schon normal?

    Ungewöhnliche Zeiten erfordern ungewöhnliche Maßnahmen. Ein Wettkampfanzug wie der Matrix gehört in glasklares Wasser, auf eine genormte Bahn. Aber definitiv hat so ein Anzug nichts im braungrünen Seewasser verloren. Normalerweise. Aber was ist 2020 schon normal? Ein kleiner Trainingswettkampf im 70.3 Format stellte mich zuerst vor die Frage: Wie alle anderen im Neo schwimmen und bei Temperaturen um die 24,5 Gad auf 1,9km saunieren? Oder im Badeanzug warm schwimmen und es mit den Gummianzügen aufnehmen? Jedem, der nur ein wenig Ahnung hat und sich ein Bild machen kann, dem ist klar: das ist unfair! Also der perfekte Ort, um den Matrix einem würdigen Test zu unterziehen. Statt Bahn, Freiwasser. Statt Zeitvergleich, Konkurrenz. 

    Sonntagmorgen, um 8:30 Uhr Abfahrt zum See. Natürlich schon bis zur Hälfte im Matrix, da es am See keine Umkleiden gibt und ich mir die Ankleideparty dort ersparen wollte. Und von meinen ersten Eindrücken der Anprobe des Matrix natürlich ein gebranntes Kind bin. 

     

    Bild: Matthias Ott

     9:00 Uhr am See: Vorbesprechung und dann geht es auch schon los!  Sehr angenehm: ich merke den Matrix überhaupt nicht. Das Stehen vor dem Schwimmstart im trockenen Anzug kann sehr unangenehm sein, das weiß ich von den Rennen im Schwimmbad. Doch mit dem Matrix hier am See kein Problem. Beim Einschwimmen hat der Matrix das erste Mal Kontakt mit Wasser. Das Ohhaaaaaa -Gefühl bleibt aus. Das muss allerdings nichts mit dem Können des Anzugs zu tun haben! Schließlich ist es eine ganze andere Situation als im Wettkampfbecken. Als ich mich kurz auf den Rücken drehe, merke ich sofort einen Effekt. Meine Hüfte fliegt gefühlt gerade über dem Wasser! Also ein top Anzug fürs Rückenschwimmen – definitiv! Der erste Punkt geht an diesem Morgen an die Neoschwimmer, denn das Stehen nach dem Einschwimmen am Ufer ist für die anderen ganz sicher angenehmer.

     

    Bild: Matthias Ott

    Im Abstand von 15 Sekunden mit ausgeloster Reihenfolge gehts für uns ins Wasser. Mit Neo wäre mein Ziel – egal wie viele vor mir sind – first out of water! An dritter Position schwimmt ein starker Schwimmer – ich starte als Achte. Meine Taktik im Matrix: die 15 Sekunden auf meinen Vordermann direkt aufschwimmen, an seinen Füßen an den anderen vorbei schwimmen und dann auf den letzten Metern vorbei ziehen. Fies, oder?  Naja aber ich hab ja keinen Neo an.

     

    Bild: Matthias Ott

    3…2….1… Pfiff. Mit einem Hechtsprung ins trübe Wasser, die gewohnten Dellekicks kollidieren mit den Kieselsteinen am Boden, Autsch! Immer noch kein Uiiiiiiiii Gefühl – aber hattet ihr im See schon mal das Gefühl, schnell zu sein? Es fehlen die Fixpunkte. Der typische „neuer Anzug“ Effekt ist aber definitiv da. Bis zur ersten Boje (100 Meter ca) bin ich fast an den Füßen von meinem Vordermann. Ups, das war wohl etwas optimistisch angegangen, also etwas Tempo raus, ich liege gut im Wasser und komme weiterhin näher heran. Punkt für den Matrix: mir ist jetzt warm! Wie muss es den Neoschwimmern jetzt gehen? Egal – ich hab die Füße meines Vordermanns an der nächsten Boje erreicht und schon drei andere Schwimmer (inklusive des Startschwimmers) passiert. Im Wasserschatten kann ich mich etwas ausruhen und mal über den Anzug nachdenken – wir müssten seit circa 700 Meter im Wasser sein. Meine Schultern fühlen sich gut an. Kein Druck vom Anzug. Ich kann gut atmen, kein Gefühl eingeschnürt zu sein. Nach circa 1000 Metern meldet sich mein Rücken. Fehlt da der Support vom Anzug? Oder liegt es an dem fehlenden Training? 4 Tage vorher hatte ich bei 3 Kilometern im See keine Probleme. 

     

    Bild: Matthias Ott

    Die letzten 400m ziehe ich das Tempo nochmal an und ziehe meine Taktik voll durch. Als insgesamt zweite komme ich aus dem Wasser – was sagen die Zeiten?30:42 Minuten für knapp 2 Kilometer. Nur ein Neo-Mann war mit 29:55min schneller. Das befriedigt doch meine Schwimmerseele. In der Analyse: Neo gegen Matrix – natürlich sind das rein subjektive Einschätzungen. Ich kann weder unter exakt den gleichen Bedingungen selbst mit Neo das Rennen noch einmal schwimmen, genauso kann ich die Zeit nicht mit einem normalen Bikini bzw. Anzug vergleichen. Es bleibt also nur der Vergleich mit den anderen Schwimmern. Diesbezüglich habe ich recht gut mit meinem Wettkampfbeckenanzug abgeschnitten. Nach so einer Saison ohne Neo so nah an die 30 Minuten Marke zu schwimmen, freut mich. Der Matrix klopft da an meinen Hinterkopf – hey, das war mein Verdienst! 

     

    Um den Matrix nach dem See auch noch einem Chlortest zu unterziehen ging es noch einmal in die Gegenstromanlage. Auch hier war ich überrascht, dass man die Geschwindigkeit in dem Sinne nicht merkt (mein Kopf lernt einfach nicht, dass man für ein Geschwindigkeitsgefühl Anhaltspunkte braucht). Aber: Ich hab die Gegenstromanalage mal ganz frech auf 100% gestellt. Intervalle zwischen 1 und 2 Minuten schwimme ich hier. Heute teste ich mit Faust schwimmen. Was sagt der Matrix dazu? Tatsächlich kann ich mit normaler Hand ganz entspannt schwimmen. Mit Faust auch noch. Ein absolutes Plus für die Gleit- und Auftriebseigenschaften des Matrix! 100% stören mich auch nach 5 Minuten Videomaterial sammeln nicht. Aber auch hier wird klar: der Support im Rücken fehlt mir. Zwar hebt der Anzug den Po super an und ermöglicht so eine top Wasserlage. Aber im Rücken fehlt hier die Spannung.

     

    Fazit:

    Sollte ich nochmal in ein Wettkampfschwimmbecken springen, käme es auf die Strecke an, wie ich mich entscheiden würde. 50 und 100 Freistil würde ich in meinem alten Anzug schwimmen. Hier mag ich das, was ich im See so toll fand überhaupt nicht: Freiheit! Hier brauche ich Kompression im Maximum. Überall.

    Bei 50 und 100 Meter Rücken wäre ich ziemlich zwiegespalten. Aus den Erfahrungen beim Rücken Einschwimmen wäre ich 50/50 für den Matrix und würde, denke ich,  den Moment entscheiden lassen (und damit wahrscheinlich beim Matrix landen). Bei allen anderen Strecken würde ich dem Matrix den Vorzug geben. Das gute Gefühl an den Schultern und Beinen ist absolut unschlagbar.

    Noch ein Hinweis an alle Triathleten: NEIN, der Matrix ist kein „über den Einteiler ziehen damit ich schneller bin bei Neoverbot“! Der Anzug muss – wie im ersten Teil beschrieben – eng und fest anliegen. Ein Herunterreißen in der Wechselzone fällt also definitiv aus, außer ihr wollt die Schere nehmen.

     

    Bild: Matthias Ott

    Nachtrag der Redaktion: Mittlerweile ist MP Michael Phelps zu der Marke PHELPS firmiert. Alle News zur Marke sowie alle Informationen zum Matrix seitens des Herstellers gibt es unter michaelphelps.com/de

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    8.8/10

    Summary

    Sollte ich nochmal in ein Wettkampfschwimmbecken springen, käme es auf die Strecke an, wie ich mich entscheiden würde. Das gute Gefühl an den Schultern und Beinen ist allerdings absolut unschlagbar.

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