Die Bergsport- und Klettermarke Direct Alpine aus Tschechien produziert zu 100 Prozent in Europa. Wir haben mit Ondra Neumann über die Herausforderungen und Schwierigkeiten, aber auch über die Vorteile gesprochen.

    1.) Seit vier Jahren findet die Produktion der Direct Alpine Kollektionen wieder in Europa, vornehmlich in Tschechien statt. Inwieweit wirkt sich das Markenzeichen „Hergestellt in der EU“ im Image der Marke, aber auch in finanzieller Hinsicht aus?
    Zu Beginn von Direct Alpine, also ab 1995 produzierten wir einen Großteil der Kollektion bereits in Tschechien. Das warem immerhin zwischen 60 und 70 Prozent der gesamten Produktion. Aus Kapazitätsgründen und ökonomischen Gründen waren damals rund nur ein Drittel ausgelagert. Doch wir wollten schon immer zu 100 Prozent in Europa fertigen, alleine schon wegen der Kontrolle, aber auch aufgrund unserem Verantwortungsbewusstsein und aus Gründen des Umweltschutzes. Und jetzt, in den letzten Jahren, haben wir das endlich erreicht. Für das Image der Marke ist MADE IN EU sehr gut. Obwohl ich denke , dass von Konsumenten- aber auch Händlerseite dies leider nicht so viel nachgefragt oder vielleicht sogar gewünscht wird. Es wird viel in der Outdoor-Branche über das Thema Nachhaltigkeit und Produktion in Europa geredet. Allerdings ist dies relativ selten auch ein Kaufargument. Für uns ist das sehr schade, auch für den gesamten Markt, für die Kunden und für die Zukunft der europäische Länder. Wir geben den Menschen hier Arbeit, wir zahlen Steuern und wir übernehmen Verantwortung. In finanzieller Hinsicht ist die Produktion im Vergleich zu Asien immer noch zwischen 10 und 30 Prozent teurer, nur aus finanzieller Sicht lohnt es sich also nicht! Aber wir sind Visionäre und möchten diesen Weg weitergehen.

    2.) Wie schwierig war es, die Produktion wieder zurück zu holen und damit verbunden, auch qualifiziertes Personal zu finden?
    Also das war nicht so schwer. Wir starteten nicht bei Null. Wir vergrößerten nur die bestehenden Kapazitäten. Bei den technischen Dingen war es am leichtesten – also Maschinen, Manufaktur, das System. Das alles können wir gut, weil es einfach Bestandteile unseres Know-how, unserer Organisation und natürlich auch der finanzieller Mittel ist. Das größte Problem war, entsprechende Mitarbeiter zu finden – sowohl bei den Näherinnen, als auch bezüglich des mittleren Management. Die Generation, die vor 1990 ausgebildet wurde, war schon in die Jahre gekommen und in Sachen der Anforderungen nicht mehr auf dem neuesten Stand. Dann war es schwer Auszubildende in den neuen Technologien zu finden oder sie zu motivieren, mit uns diesen Weg zu gehen. Und schließlich gibt´s nur wenige gute Näherinnen, die über eine entsprechende Ausbildung verfügen– die letzten 20 Jahren hat sich die Textilproduktion in Asia konzentriert, und in diesem Bereich hier zu arbeiten, ist nicht attraktiv. Wir hatten am Anfang nicht genug Leute. Es vergeht Zeit, Näherinnen auszubilden, zu trainieren, und am Ende natürlich auch gut bezahlen zu können. Also ist die Arbeitskraft das größte und auch ein langfristiges Problem, mit dem wir zu kämpfen haben. Oft müssen wir die Fertigung entfernt von unserm Hauptsitz organisieren, weil wir dort genug gute Näherinnen finden – zum Beispiel von ehemaligen Textilproduzenten, die Bankrott gegangen sind.

    3.) Schauen wir in die Historie von Direct Alpine, die bestimmt ist, von der Leidenschaft für die Berge und für den Klettersport. Wie viel Leidenschaft steckt heute noch in den Produkten oder orientiert sich die Marke heute an den allgemeinen Bedürfnissen des Outdoormarktes?
    Außer den Näherinnen sind die meisten unserer Mitarbeiter sehr aktiv im Bergsteigen oder Klettern. Ob das Klettern auf Felsen, Sandsteinen oder klassische Alpinrouten oder Expeditionen zum Himalaya. Im Management sind wir ohnehin alle im Bergsport unterwegs, so weit uns die Zeit dazu bleibt. Neue Team-Mitglieder sollten also unbedingt eine hohe Affinität zum Klettern und Bergsport mitbringen. Wir testen unsere Produkte draußen, und das fühlen unsere Kunden. Natürlich sind auch Direct Alpine Produkte für den „leichten“ Outdoor-Einsatz für den Extremeinsatz zu nutzen, jedes Detail zum Beispiel bei unserer Standard-Hose ist perfekt. Unsere Aktivitäten und Erfahrungen im Bergsport spiegeln sich in unserer Arbeit und unseren Produkte wider.

    4.) Ein umfangreicher Ehrenkodex gehört zu den Grundpfeilern der Marke. Sind Ehrlichkeit, soziale Verantwortung, Solidarität und Umweltbewusstsein auch Verkaufsargumente oder geht es weniger um ein Markenimage, als um die bloße Überzeugung, zur Gerechtigkeit auf dieser Welt beizutragen?
    Ehrlich? Ich bin sicher, dass 99 Kunden von 100 wegen dem Preis, der Qualität oder dem Design kaufen. Die Ethikfrage steht am Ende der Kaufentscheidung. Wenn der Kunde sich entschieden hat und sagt JA ICH NEHME DAS, dann hört er gerne, dass das Produkt MADE IN EU ist und unter hohen Sozial- und Umweltstandards gefertigt wurde. Als Einkaufsentscheidung ist das aber ganz marginal. Es ist schade, aber es ist die Realität. Ich als Kunde frage immer darum, woher etwas kommt und wie es produziert wurde. Ich präferiere Fair Trade Produkte, idealerweise Made in EU. Letzte Woche zum Beispiel verbrachte ich Stunden und Stunden für die Suche einer neuen Wasserkanne – ein paar habe ich bei deutschen Herstellern gefunden, eine in der Tschechei und am Ende durfte meine Frau entscheiden. Ehrlich : )

    5.) Mit Markus Pucher hat Direct Alpine einen bekannten Alpinisten aus Österreich als Markenbotschafter. Wie steht es um den Berg- und Klettersport in Tschechien?
    In Tschechien ist neben dem Indoor Klettern in Hallen das Sandsteinklettern zu Hause. Auch einige unserer Team-Mitglieder des Testteams haben ihren Ursprung und ihre Core -Aktivitäten vom Sandstein-Klettern. Einer hat 2000 neu gebaute Routen auf seinem Konto. Eine echte Felsmaschine! Für das Klettern auf Sandsteinen benötigt man eine starke Moral. Das verbindet uns mit Markus Pucher. Auch er ist ein ausgezeichneter Kletterer mit einer starken Moral. Er hat einen von unsere Inhabern, Jindra Hudecek, in Patagonia auf dem Fitzroy kennengelernt, wo der Ursprung unserer Zusammenarbeit herkommt.

    Über Ondra Neumann:
    Ondra Neumann ist mittlerweile schon seit 10 Jahren bei Direct Alpine. Nach seinem Studium an der Technischen Universität war er kurz bei dem Umterwäsche-Produzenten Jitex. Neben dem Klettern und Bergsteigen zählen Fahrrad-Expeditionen zu seiner Leidenschaft.

    Mehr über Directalpine

    2 Kommentare
    Wir freuen uns auf Deinen Kommentar!