Es war wohl angesichts der aktuellen Lage kaum anders zu erwarten, als dass auch der UTMB Mont-Blanc, der Weltgipfel des Trailrunnings, abgesagt wird. Catherine Poletti im Interview über Gedankenspiele, die Absage und die zukünftigen Planungen.
    Catherine Poletti / © Jean-Louis Carli

    1.) Kein UTMB in Chamonix dieses Jahr. Unfassbar für alle Ultrtrail-Läufer. Aber aufgrund von COVID-19 die einzig angemessene Entscheidung das Rennen ausfallen zu lassen. Wie hat es sich angefühlt diese Entscheidung zu treffen?

    Nachdem wir mit allen unseren Teams sämtliche Möglichkeiten in alle Richtungen erwogen hatten, mussten wir letzten Endes feststellen, dass aufgrund der aktuellen Lage ein Festhalten am UTMB Mont-Blanc in diesem Jahr, unabhängig von den Kosten und finanziellen Ausfällen und Risiken, keinen Sinn mehr machte. Zunächst einmal sind die vorgeschriebenen und sehr restriktiven Maßnahmen bezüglich des social distancing. Diese sind für uns als Organisation unmöglich auf öffentlicher Ebene bei einer Veranstaltung wie dem UTMB Mont-Blanc durchzuführen.

    Hinzu kommen die momentan geltenden Reisebeschränkungen und die geschlossenen Grenzen, die es einfach vielen TeilnehmerInnen nicht erlauben würden, überhaupt nach Chamonix zu reisen. Wir sind das Szenario in unseren praktischen Überlegungen durchgegangen: Die Starts ohne Publikum, ohne Atmosphäre, mit der vorgeschriebenen Distanz zu den MitläuferInnen, womöglich mit einer Gesichtsmaske, an den Verpflegungspunkten die freiwilligen Helfer hinter Plexiglasscheiben ebenfalls mit einem Mund- und Nasenschutz, das hat für uns nichts mehr mit Trailrunning, wie wir es zelebrieren, zu tun.

    Deshalb haben wir die Entscheidung zu einer Absage mit großer persönlicher Enttäuschung und Trauer getroffen. Aber auch in dem Wissen, dass es für uns keine Alternative geben würde und mit voller Konzentration auf den UTMB Mont-Blanc 2021. Wir wollen dem Trailrunning nach wie vor eine große Zukunft geben, aber wir werden auch erwägen, welche Möglichkeiten wir in diesem Sommer unseren Fans und der Trailrunning-Gemeinde unter den gegebenen Umständen bieten können.

    2.)  Der UTMB mit all seinen Rennen in Chamonix ist sehr besonders genau wie die Wetterbedingungen vor Ort. In der Vergangenheit gab es aufgrund dessen schon mehrmals Streckenänderungen. Stand die Absage des Rennes wegen dem Wetter je vorher zur Diskussion?

    Ja, in der Tat hatten wir in den Jahren 2010 und 2012 in Erwägung gezogen, den UTMB Mont-Blanc komplett abzusagen. Aber dank des großartigen Engagements des kompletten Teams konnten bei diesen beiden Austragungen entsprechende Anpassungen getroffen werden, so dass die Rennen am Ende trotzdem erfolgreich durchgeführt werden konnten. Doch in diesem Jahr wissen wir überhaupt nicht, wie sich die Situation weiter entwickeln wird. Letzten Endes weiß niemand, wie die Situation in 3 Monaten ist.

     

    Catherine Poletti / © UTMB - Agence Zoom

    3.) 18 Jahre UTMB. Teil Ihres Lebens. Können Sie sich vorstellen wie sich das dieses Jahr anfühlen wird? Wie werden Sie die letzte Augustwoche verbringen?

    Wir arbeiten gerade an verschiedenen Optionen, in der UTMB Mont-Blanc Woche der internationalen Trailrunning-Gemeinde auf anderen Ebenen ein schönes Erlebnis zu bieten. Wir werden über unsere Angebote zum gegebenen Zeitpunkt über die entsprechenden sozialen Netzwerke berichten, was wir trotz der Absage des UTMB Mont-Blanc den Läuferinnen und Läufern auf der ganzen Welt bieten können, um den UTMB-Spirit auf anderen Ebenen zu erleben.

    4.) Alle Läufer, die für 2020 registriert waren, haben nun die Wahl im selben Rennen in einem der nächsten drei Jahre zu starten. Von anderen Rennen wissen wir, dass der Startplatz lediglich in das Jahr 2021 übertragen werden kann. Warum haben Sie sich dafür entschieden, eine dreijährige Option zu bieten? 

    Diese Pandemie hat  auf der ganzen Welt nicht nur gesundheitliche, sondern auch gesellschaftliche und wirtschaftliche Desaster für alle verursacht. Bei TeilnehmerInnen aus 111 Nationen müssen wir berücksichtigen, dass viele Läufer diese Reise nach Chamonix zum UTMB nicht schon im nächsten Jahr antreten können. Entweder weil sie selbst von der COVID-19 Pandemie persönlich betroffen sein werden, zum Beispiel weil sie eventuell in Kurzarbeit sind, gar keinen Job mehr haben, oder weil sie im nächsten Jahr keinen Urlaub planen können. Es gibt einfach viel zu viele Unwägbarkeiten, mit denen unsere TeilnehmerInnen zu kämpfen haben. Deswegen möchten wir eine größtmögliche Flexibilität bieten.

    5.) Die Absage des Rennens in 2020 ist wahrscheinlich ein finanzielles Desaster. Wird sich das auf den UTMB 2021 auswirken? Denken Sie, dass der UTMB 2021 ein völlig anderes Rennen sein wird?

    Die Absage in diesem Jahr stellt in der Tat eine große wirtschaftliche Schwierigkeit dar. Unsere Konzentration liegt hinsichtlich der Planungen für das Jahr 2021 darauf, den UTMB Mont-Blanc noch nachhaltiger und mit noch mehr Respekt vor der Natur zu gestalten. Das ist unsere wichtigste Aufgabe in diesem Jahr; und natürlich die Vorbereitungen für den UTMB 2020, den wir in einer neuen, und völlig veränderten Form der aktuellen Situation angepasst zelebrieren möchten.

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