Bernd Zehetleitner ist Bergretter und gleichzeitig Bergführer. Wie schwerwiegend die Auswirkungen der Krise für die Sommersaison ausfallen werden, bleibt noch abzuwarten. Mit weniger Rettungseinsätzen ist jedenfalls nicht zu rechnen wie Bernd Zehetleitner im Interview erläutert.
    Bernd Zehetleitner / Bild: Bernd Zehetleitner

    1.) Bernd, du bist einerseits Leiter und Inhaber der Bergschule Oberallgäu, andererseits auch Bereitschaftsleiter der Bergwacht. Welche (unterschiedlichen) Auswirkungen hat die Corona-Krise auf dich als Bergführer und als Bergretter?  

    Als Bergführer hat die Krise natürlich aktuell drastische Auswirkungen. Zum Glück konnten wir unsere Wintersaison, die sehr gut gelaufen ist, noch weitgehend ohne Einschränkungen abschließen. Unsere Sommersaison, und damit die Kernsaison, beginnt Mitte Juni: dann wird sich zeigen, wie groß der echte Schaden sein wird. Leider erhalten wir aktuell fast keine Neubuchungen, da die Gäste erst einmal abwarten wollen wie es generell bei ihnen weitergeht. Diverse besorgte und verunsicherte Kunden stornieren auch schon jetzt ihre Touren für den Sommer. Wir denken jedoch, dass sich bis zum Sommer die Lage soweit normalisiert hat, dass unsere Berg- und Wandertouren planmäßig durchgeführt werden können. 

     

    Als Bergretter sind wir insoweit eingeschränkt, dass wir aktuell keine Aus- und Fortbildungen mehr durchführen. Einsätze werden mit minimal erforderlicher Personalstärke durchgeführt und wir schützen uns natürlich bestmöglich, wenn wir Patienten versorgen.  Das Tragen von Schutzausrüstung und die richtige Handhabung ist im alpinen Gelände aber oft nur bedingt möglich. Nach den Einsätzen erfolgt eine umfassende Dokumentation, damit gegebenenfalls Infektionsketten rückverfolgt werden können. 

    2.) In Zeiten der Bewegungseinschränkungen könnte man meinen, die Bergwacht sei sozusagen arbeitslos. Gibt es aktuell Einsätze, bei denen ihr gefragt seid und wie bereitet ihr euch vor, wenn die Menschen wieder in die Berge pilgern werden? Was werden dabei die größten Herausforderungen sein?

    Wir können aktuell nicht feststellen, dass wir weniger Einsätze durchführen als in den anderen Jahren. Derzeit gehen wir auch nicht davon aus, dass das Einsatzaufkommen nach der Krise drastisch zunimmt. Auf saisonale Spitzen sind wir aber natürlich vorbereitet – wie in jedem anderen Jahr auch.

    3.) Was sind die häufigsten Rettungseinsätze, bei denen die Bergwacht Hilfe leisten muss, gibt es Änderungen in Zeiten von Corona?

    Die meisten Unfälle im Sommer sind Unfälle bei Bergwanderungen, da hier auch die meisten Leute unterwegs sind. In Zeiten von Corona gehen wir davon aus, dass die „anderen“ Unfälle wie z.B. Kletterunfälle, Abstürze beim Gleitschirmfliegen, etc. eher weniger werden, da diese Sportarten nicht mehr so viel ausgeübt werden. 

     

     

    Bernd Zehetleitner / Bild: Bernd Zehetleitner / Anzeige: Tatonka

    4.) Welche Aspekte bzgl. eines sicheren Bergerlebnisses sollten – unabhängig von Sommer oder Winter – unbedingt beachtet werden?

    Nach wie vor ist es wichtig, dass man physisch und auch taktisch über die notwendigen Voraussetzungen für die jeweilige Tour verfügt. Wichtig sind dabei unter anderem eine funktionelle Ausrüstung und Bekleidung, um auf diverse Eventualitäten vorbereitet zu sein. Essentiell ist natürlich auch, dass man über das entsprechende Know-How verfügt, seine Ausrüstung richtig einzusetzen. Fehlende Kondition und Technik kann aber natürlich auch mit bester Ausrüstung nicht kompensiert werden. 

    5.) TATONKA ist einer der deutschen Hersteller für Outdoor-Ausrüstung, welcher RECCO-Reflektoren in seinen Rucksäcken, Hosen und Jacken integriert hat. Welche Vorteile bietet das RECCO-System für euch Rettungskräfte, aber auch für Wanderer und Trekker?  

    Für Bergretter weltweit stellen Sucheinsätze die zeit- und personalintensivsten Einsätze dar. Immer wieder sind komplette Bergwachtbereitschaften mit kompletter Mannschaftsstärke tagelang im Einsatz, um vermisste Personen zu finden. Je länger die Suche dauert, umso geringer werden natürlich die Chancen, den Vermissten lebend zu finden. 

    Das Hauptproblem bei Vermisstensuchen ist, dass die Personen häufig nicht „suchbar“ sind, da sie nicht technisch geortet werden können. Neben der Handyortung und aktiven Notsendern ist das RECCO SAR System derzeit das einzige technische System, mit dem vermisste und verunfallte Personen effektiv und schnell vom Hubschrauber aus geortet werden können – vorausgesetzt, sie führen irgendwo in der Bekleidung oder am Rucksack einen RECCO Reflektor mit. 

    Der Vorteil für den Verunfallten bzw. Vermissten ist natürlich, dass er schneller gefunden wird. Für uns Bergretter bedeutet ein schnelles Auffinden zusätzlich weniger Zeit- und Kostenaufwand (übrigens auch für unsere Arbeitgeber, die uns ehrenamtlich für Einsätze freistellen), weniger Risiko und natürlich auch ein höheres Erfolgserlebnis.

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