Nach umfangreicher Renovierung traf der Lockdown Axel Reusch besonders hart. Im Interview berichtet der begeisterte Sportfachhändler aus dem Allgäu über Existenzängste, Kundentreue und über die Ungewissheit als Veranstalter des Allgäu Panorama Marathon.
    Axel Reusch / Bild: Der LaufLaden

    1.) Erst Wasserschaden, dann Renovierung, Umbau und Neugestaltung des Ladens, schließlich kurz vor der Wiedereröffnung der Lockdown. Das muss ein unbeschreibliches Wechselbad der Gefühle gewesen sein. Wie sehr fürchtet man in diesen Momenten um seine geschäftliche Existenz?

    Ja, das Timing hätte etwas besser sein können. Ich hatte wirklich ziemlich große Angst, dass die Kombination aus Renovierung, Vororderauslieferung und dann der fehlende Umsatz mir existenzielle Probleme machen würde. Ich habe aber glücklicherweise doch mehr Hilfe in Form von Gutscheinkäufen und Lieferungen bekommen, als ich gedacht hatte. Das war toll, dafür bin ich allen sehr dankbar. Auch die staatliche Hilfe ist relativ schnell gekommen, das war für mich ebenfalls eine große Unterstützung.

    2.) Wie sieht es bei Dir mit der Frequenz seit der Wiedereröffnung aus? Boomt der Laufsport im Allgäu oder ist es nach wie vor das Stammpublikum, auf das Du in diesen Zeiten setzen kannst?

    Die Tage (Wochen) seit der Eröffnung waren sehr ermutigend. Glücklicherweise hat sich gezeigt, dass viele Kunden ihre Einkäufe auf die Zeit nach der Wiedereröffnung verschoben haben. Außerdem hat der Lockdown offenbar viele (wieder) zum Laufen motiviert, das spüren alle Laufsporthändler. Die beiden Effekte zusammen machen mir jetzt doch Mut, dass ich vielleicht aus der Situation etwas besser herauskomme als zunächst befürchtet. Ich schlafe wieder etwas besser.

     

     

    Bild: Der LaufLaden

    3.) Lassen sich die verloren gegangenen Umsätze und die fortlaufenden Kosten während der Geschäftsschließung in diesem Jahr überhaupt noch aufholen bzw. in irgendeiner Weise amortisieren oder was sind Deine Erwartungen für das Geschäftsjahr 2020?

    So richtig toll kann 2020 natürlich nicht mehr werden. Das trifft ja alle mehr oder weniger. Wie schlimm es wird, kann ich in meinem Fall erst nach der Saison im September/Oktober ermessen. Erst dann wird klar sein, wie viele Umsätze nur verschoben, wie viele verloren und wie viele eventuell sogar neu generiert wurden. Dass 2020 besser wird als 2019, halte ich eigentlich für ausgeschlossen. Die Frage ist nur wie sehr es weh tun wird. Ich bin wie gesagt inzwischen verhalten optimistisch, dass es nicht existenzbedrohlich wird.

     

     

    Bild: Der LaufLaden

    4.) Der Laufladen ist bis heute komplett ohne Online-Shop ausgekommen. Wird sich daran zukünftig etwas ändern oder bleibst Du bei der ausschließlichen Präsenz vor Ort?

    Da werden in Fachkreisen ja große Debatten geführt, wie der Weg in die Zukunft aussieht. Jeder ist besonders schlau und man haut sich wichtige Worte um die Ohren. Multichannelsales etc. Meine persönliche Überzeugung ist: Ein Online-Shop für einen kleinen Laden macht nur in einem Spezialfall Sinn: Wenn es gelingt Produkte zu finden, die am Markt in einer Nische begehrt sind und nicht leicht verfügbar sind. Dazu zähle ich auch Eigenmarken. Auf allen anderen Schlachtfeldern verlieren wir gegen die Großen: Ich kann ja weder die Auswahl, noch die Preise noch die IT-Professionalität eines großen Shops bieten.

    Daneben ist es ja auch eine generelle Frage, warum ich welchen Job mache. Ich bin ja Einzelhändler mit einem Laufsport-Spezialladen geworden, weil ich gerne im persönlichen Kontakt zu anderen Sportlern stehe. Weil ich Spaß daran habe andere Läufer zu beraten und ihnen mit meinen Erfahrungen dienlich zu sein. Ich würde ungern nur Produkte fotografieren, Begleittexte verfassen und Päckchen verschicken. Natürlich ist das nicht schwarz/weiß. Wenn mich ein Kunde anschreibt oder anruft und sich von mir beraten lässt, dann bediene ich ihn natürlich auch gerne und freue mich darüber. Einen Webshop wird es aber bei mir auch in Zukunft nicht geben.

     

     

    Bild: Der LaufLaden

    5.) Du bist gleichzeitig auch Veranstalter, unter anderem von einem echten Trailrunning-Klassiker, dem Allgäu Panorama Marathon Mitte August. Noch ist unklar, ob die Veranstaltung stattfinden kann. Wie hart würde Dich als Veranstalter eine Absage treffen und was würdest Du Dir von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wünschen? 

    Der Punkt tut mir im Moment noch weh. Ich würde den Allgäu Panorama Marathon sehr gerne durchführen. Er ist auch wirtschaftlich für die Region ein wichtiger Faktor. Eine Absage wäre für mich finanziell kompliziert, weil ich die Auslagen (Teilnehmergeschenke, Pokale, Medaillen etc… das sind mehrere zehntausend Euro) dann über ein Jahr zwischenfinanzieren müsste. Das kann ich ohne einen Kredit nicht. Leider bekommen wir im Moment noch keine konkreten Aussagen ob und unter welchen Auflagen eine Durchführung möglich wäre.

    Es heißt nur, dass Großveranstaltungen bis Ende August verboten sind. Ist eine Großveranstaltung ein Fußballspiel mit 40.000 Zuschauen oder eine Hochzeit mit 150 Gästen? Dazu gibt es keine Aussagen. Ich kann gut verstehen, dass Niemand Lust hat, seinen Kopf zu weit heraus zu stecken, dafür ist die Situation ja noch zu sehr im Fluss. Aber für uns ist das eine schwierige Situation. Es gäbe ja durchaus Anpassungsmöglichkeiten. Startentzerrungen. Aufteilung der Strecken auf 2 Tage. Startgruppen mit Abständen. Zur Not auch eine Verlegung in den September. Aber alle diese Strategien können wir ja nur anwenden, wenn wir konkrete Vorgaben bekommen.

    Ich werde um die Austragung kämpfen, aber langsam rennt uns die Zeit davon. Wie auch immer die Entwicklung kommt, die Teilnehmer werden daraus keinen Nachteil haben: gemeldete Teilnehmer bekommen in jedem Fall die Option, sich das Startgeld abzugslos zurückerstatten zu lassen, oder für die (verschobene) Veranstaltung stehen zu lassen.

     

     

     

    Bild: Der LaufLaden
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