Ob die momentane Krise zu einem Nachdenken über das eigene Handeln führen wird, das sieht Andreas Schechinger eher skeptisch; im Interview äußert sich der Tatonka Geschäftsführer über Herausforderungen und Folgen.

    1.) Während Europa in der Coronakrise versumpft, erreichen uns aus China erste positive Meldungen zur stagnierenden Verbreitung des Virus und vorsichtiger Rückkehr zum „normalen Alltag“. Wie ist aktuell die Situation in den Tatonka Produktionsstätten in Vietnam
    Die Meldungen aus China kennen wir auch nur aus den Nachrichten – aber nach dem, was man so hört, sind die Verhältnisse in China alles andere als „normaler Alltag“. Aus Hongkong, das ja auch zu China gehört, aber etwas offener nach draußen kommunizieren kann, hört man schon, dass die Regierung die bereits gelockerten Maßnahmen wieder verstärkt, weil eine zweite Well hoch kommt.
    In Vietnam sind die offiziellen Corona Zahlen der Infizierten mehr als fragwürdig – am 27. März kamen die ersten Meldungen, es hätte in einem District einen Prediger gegeben, der viele Leute in diesem District angesteckt haben soll und es haben sich viele Lkw Fahrer in einer „Budda Bar“ an der Stadtgrenze zu Saigon angesteckt, weil sie dort alle Rast machen, bis sie abends in die Stadt  fahren dürfen. Deshalb würde die Regierung in Erwägung ziehen, Sagion abzuriegeln und in Saigon einen Shut Down zu verordnen, ähnlich wie wir das in Deutschland haben. Über das Wochenende hat sich die Lage dann so zugespitzt, dass die Regierung dann einen kompletten Shut Down von Vietnam bis zum 15.4. angeordnet hat. Wir sind dem mit unserer Produktion in Saigon und Binh Dinh gefolgt – allerdings sind wir damit im Moment wohl einer der wenigen Betriebe die das so strikt einhalten. Andere Produktionen arbeiten ganz normal weiter!

    2.) Wie bewerten Sie aktuell die Auswirkungen für die Outdoor-Branche – ist die Saison 2020 jetzt schon gelaufen oder gibt es noch einen Hoffnungsschimmer am Horizont?

    Jetzt schon über die Auswirkungen zu reden, ist reine Spekulation. Es kann alles passieren – von komplettem Zusammenbruch der Branche bis hin zu noch einmal davon gekommen zu sein. Keiner weiß im Moment, wie lange das noch geht – gerade heute (06.04.) kam die Meldung von Österreich von einem soft Opening nach dem Oster-Wochenende für kleine Händler bis 400m² – dem hat die Bundeskanzlerin komplett widersprochen. Man kann nur Tag für Tag abwarten.

    3.) Wird sich die Outdoor-Branche in bzw. schon nach dem Peak der Krise grundsätzlich neu definieren und aufstellen müssen? Wie steht es um die Chance nach der Krise?

    Die Outdoor-Branche stand schon vor der Corona Krise uneinig über die Zukunft da – daran ändert auch die Krise erst einmal nichts. Vielleicht verursacht die Krise bei allen einen Prozess des Nachdenkens über das tägliche Handeln und damit verbunden, ob das, was in der Vergangenheit alles so gemacht wurde, tatsächlich so nachhaltig war. Aber wahrscheinlich ist das wie nach dem Jahr 2008  – in der Krise regt sich jeder auf, nach der Krise ist alles nicht mehr so wichtig.

    4.) Es sind nicht nur die kleinen Outdoor-Fachgeschäfte, die trotz aller staatlichen Hilfen um ihre Existenz bangen. Was können Ihrer Meinung nach Marken und Hersteller jetzt unternehmen, um den lokalen Fachhandel zu unterstützen?

    Seit Jahren generiert der Einzelhandel das Geld für seine monatlichen Kosten und Gehälter aus dem Cashflow – aber der ist ja im Moment durch Schließung der Läden gestoppt. Wir können nur mit dem Zurückhalten der Auslieferungen und zeitlicher Kulanz auf die bereits existierenden Forderungen helfen, die Liquidität des Händlers zu verbessern. Allerdings sind uns da auch zeitliche Limits durch Forderungsausfall der Versicherer gesetzt. Wir bekommen leider keine 100% Risiko-Übernahme durch den Staat und somit können wir unsere Forderungen auch nicht unendlich verlängern.

    Das Thema der Absicherung der Warenlieferungen wird auch nach der Öffnung der Läden das schwierigste Thema, denn keiner weiß, wie stark wer durch die Krise angeschlagen ist und wie viel Kfw-Kredit der Händler bekommen hat und wofür er diesen verwenden wird. Deshalb wäre eine Forderungs-Garantie des Staates für z.B. eine begrenzte Zeit von z.B. 1-2 Monaten nach Wiedereröffnung der Läden und begrenzte Limits je Laden – z.B. nach Größe des Händlers, der Läden unseres Erachtens ein absolutes „Muss“, um wieder Vertrauen zwischen Lieferanten und Händler hinzubekommen.

    5.) Welche Auswirkungen wird die momentane Krise langfristig auf den Einzelhandel haben. Werden Online-Anbieter zukünftig noch stärker zu den Trendsettern ?

    Bis auf eine paar ganz wenige Ausnahmen profitieren die Online-Händler nicht von der Krise – im Moment hat der Konsument einfach keine Lust, Outdoor-Artikel zu kaufen – außerdem: wo will er denn hin mit seiner neuen Ausrüstung? Im Lebensmittel-Online-Bereich sieht das ganz anders aus – die haben gerade ihre Hochzeit und kommen mit Lieferungen gar nicht nach. Glaubt man Amazon, haben sie riesige Umsatzzuwächse im Food-Bereich und komplette Einbrüche im Non-Food Bereich. Ob Amazon allerdings zum Trendsetter im Lebensmittel-Bereich wird, wage ich zu bezweifeln!

    Mehr über TATONKA GmbH

    Wir freuen uns auf Deinen Kommentar!