Stefan Glowacz, Robert Jasper und Fotograf Klaus Fengler kehrten am 3. Juli 2016 erfolgreich von ihrer Baffin Island Expedition zurück.

    Von Clyde River starteten die drei am 31.05.2016 mit einem speziell für diese Expedition entwickelten Multifunktionsschlitten aus Carbon, um die Big Walls im Sam Ford Fjord „by fair means”, d.h. aus eigener Kraft zu erreichen. Sie kletterten insgesamt 15 Seillängen durch die Turret Westwand bis zum Schwierigkeitsgrad 9-/A1. Der Turret ragt vom Sam Ford Fjord 800 Meter in die Höhe. Das Team kletterte alles bis auf die Ausstiegsrisse frei, zum Teil auf komplett neuen Seillängen. Dramatisch wurde die Expedition als sich Glowacz durch einen Steinschlag beide Hände verletze und das Wetter zusehends schlechter wurde. Die Begehung stand kurz vor dem Abbruch. Nach über 20 Stunden extrem anspruchsvoller Kletterei erreichte das Team in den frühen Morgenstunden den Gipfel des Turret. Für den Rückmarsch über Fjorde, Pässe, Seen und Land, benötigten die drei insgesamt 13 Tage. Nach 170 Kilometer erreichten Glowacz, Jasper und Fengler wieder den Ausganspunkt Clyde River.

    Baffin Island ist die fünftgrößte Insel der Welt und liegt oberhalb des kanadischen Festlands gegenüber von Grönland. Im Fachkreis der Kletterer werden die Fjordeinschnitte an der Ostküste von Baffin Island auch als „Epizentrum der Big Walls“ bezeichnet. Über 1000 Meter brechen die bizarren Granitwände senkrecht und überhängend direkt ins Meer ab und wirken wie stolze Wächter einer menschenfeindlichen Region.
    Am 31. Mai 2016 sind Glowacz, Jasper und Fengler von Clyde River aus gestartet. Sie wollten vom letzten Zivilisationspunkt über den Landweg aus eigener Kraft in den 170 Kilometer entfernten Sam Ford Fjord gelangen. Bisher ließen sich alle Kletterer von den einheimischen Inuits, im Frühjahr wenn das Meer noch zugefroren ist mit Skidoos absetzen. Oder im Sommer, in der kurzen eisfreien Zeit mit einem Schiff.

    Aus eigener Kraft die Ausrüstung und Verpflegung für über einen Monat in eine der menschenfeindlichsten Regionen der Erde zu transportieren um eine Big Wall zu klettern, ist auf diese Art noch keinem Kletterer gelungen. Die natürlichen Gefahrenpotentiale wie der einsetzende Eisaufbruch und Schneeschmelze schienen bisher als unüberwindbare Hürden. „Es gibt einen Schlüssel um diese Hürden zu bewältigen“, meint Stefan Glowacz und konstruierte zusammen mit der hightech Carbonfirma „Carbotech“ einen Multifunktionsschlitten. Dieses zwölf Kilogramm leichte Vehikel gleitet nicht nur auf Schnee, sondern kann gleichzeitig mit Spezial-Leichtmetallrädern zu einem zweiten Gefährt umfunktioniert werden. Mit seitlich angebrachten Schwimmkörpern verwandelt sich der Schlitten zu einem Floß mit einer viertel Tonne Auftriebsvolumen.
    Darüber hinaus können zwei Kletterer in der Wand die Carbonwanne als Schlafplattform verwenden.
    Stefan Glowacz und Robert Jasper erzählen: „Bei dieser Expedition handelt es sich nicht um eine eigenständige Erstbegehung. Wir kletterten auf einer alten bestehenden Technoroute von der wir nichts wussten. Wir recherchierten und stellten fest, dass ein kanadisches Team vor zwei Jahren einen Erstbegehungsversuch an der „unclimbed“ West Face unternahm. Doch aufgrund schlechten Wetters mussten sie abbrechen. Unser Plan war es daher, links von diesem Erstbegehungsversuch der Kanadier eine neue Route zu klettern. Zu unserer großen Überraschung stießen wir jedoch immer wieder auf sehr alte Haken und Bohrhaken. Deshalb gehen wir davon aus, dass wir in Teilen auf einer alten technischen Route unterwegs waren. Wir kletterten alles bis auf die Ausstiegsrisse frei, zum Teil auf komplett neuen Seillängen. Dramatisch wurde es am Ende als ich mich durch einen Steinschlag an beiden Händen verletze und das Wetter zusehends schlechter wurde. Die Begehung stand kurz vor dem Abbruch. Robert musste die Führungsarbeit alleine übernehmen und die zum Teil völlig vereisten Ausstiegsrisse im Schneetreiben klettern und rettete somit unsere Begehung.
    Wir sehen die Kletterei im Gesamtkontext der by fair means Expedition und sind daher mit dieser Begehung überglücklich auch wenn es keine völlig neue Route geworden ist. Dank Klaus Fengler, der trotz allen Widrigkeiten mit seiner Kamera immer nah am Geschehen war, entstand atemberaubendes Bildmaterial.“

    Ein Kommentar
    • Antworten Markus Neumann

      22. Juli 2016, 22:04

      Hallo Stefan,
      meinen allergrößten Respekt für diese grandiose Tour.
      Als wir uns auf der OutDoor trafen wusste ich nichts von dieser Expedition, da ich selbst einge Zeit unterwegs war, sonst hätte ich dir gerne persönlich gratuliert……….nach dem Händewaschen natürlich:-)

      Viele Grüße,
      Markus

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